Lebensgemeinschaft Samainhof
Samain war das wichtigste Fest im Jahreslauf unserer Vorfahren, der Kelten.
In der Nacht vom 31.Oktober zum 1. November trafen sie sich in dem Versuch, in symbolischen Handlungen die Gegensätze zu vereinen, die verschiedenen Elemente zu versöhnen, das Gleichgewicht in der Welt zu erkennen. Die Samain-Nacht schaffte Raum für ihre Sehnsucht nach Heil-Sein, um dann wieder auseinander zu gehen, ausgesöhnt mit unserer Erbärmlichkeit, demütig, humorvoll, milde, menschlich, bescheiden, in dem Wissen, dass der Traum vom Eins-Sein immer wieder in die Einseitigkeit stürzen muss. Samain beschreibt eine innere Haltung, uns mit allen Aspekten des menschlichen Seins anzufreunden und auszusöhnen. Diese Sichtweise eines Naturvolkes beeindruckt uns.
Die Anfänge der Samainarbeit reichen mehr als 40 Jahre zurück.
Über die therapeutische Arbeit des Visionärs und Psychotherapeuten Sepp Schleicher lernten sich Menschen kennen, die auf der Suche nach einem erfüllteren Leben an seinen Seminaren oder Gruppen teilnahmen. Neben der Psychotherapie legte er besonderen Wert auf den gruppentherapeutischen Prozess in seinen Seminaren und Wochengruppen. Der Gemeinschaftsgedanke, die gegenseitige Hilfe in allen Lebenslagen und die Freundschaftspflege waren wesentliche Schwerpunkte seiner Arbeit. Er war überzeugt, dass die Seele nur dann heilen kann, wenn der Mensch wieder aus der Vereinzelung herausgeholt wird und Werte von Miteinander, Mitgefühl und gegenseitiger Hilfe zu schätzen lernt. Auf diesem Hintergrund erwuchsen stabile Freundeskreise, die sich gegenseitig halfen und unterstützten, füreinander einstanden, wenn der Einzelne in Schwierigkeiten war, gemeinsame Unternehmungen starteten, sich austauschten und miteinander feierten.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt der therapeutischen Arbeit ist die Verbindung zur Natur.
Sepp, der selber seit 45 Jahren mit seinen Tieren auf einem Einödhof lebt, wusste aus eigener Erfahrung, wie wesentlich und heilsam das regelmäßige Sein in der Natur ist, und wie sehr der moderne Mensch des 21. Jahrhunderts darunter leidet, keinen Kontakt mehr zur Erde und den Tieren zu haben, keine Verpflichtung anderen Mitgeschöpfen gegenüber eingehen zu müssen. Neben seinem unermüdlichen Bestreben, seine Klienten zu menschenwürdigeren Lebensformen auf dem Land und in Wohngemeinschaften zu unterstützen, integrierte er nach einigen Jahren seine Erfahrungen mit den Islandpferden in seine therapeutische Arbeit und begann jährliche Sommerseminare anzubieten, in denen neben der psychotherapeutischen Arbeit das Pferd als Heiler mit einbezogen wurde.
Der Kontakt zu den Pferden und das Miteinander-Sein in der Natur veränderte erneut das Lebensumfeld vieler Gruppenmitglieder. Es entstanden Weidegemeinschaften zwischen denen, die sich eigene Pferde angeschafft hatten. Gemeinsame Ausritte und Zusammenkünfte auf den Weiden, Grillfeste, Sitzen am Lagerfeuer, Übernachten in der Natur bei den eigenen Pferden gehörten jetzt zu einer neuen Lebensqualität. Vor allem die Verantwortung für ein eigenes Pferd brachte eine immense Tiefe in das Leben der neuen Pferdebesitzer. Je befriedigender das Lebensumfeld wurde, umso drängender stellte sich die Frage nach einem beruflichen Umfeld, in dem man sich ausdrücken und verwirklichen konnte.
Viele wagten nun den Sprung in neue, lebensnähere und menschlichere Arbeitsplätze oder in die Selbständigkeit. Immer deutlicher konnte man sehen, dass die Seele nicht an irgendwelchen psychischen Krankheiten leidet, sondern die Menschen immer glücklicher und zufriedener wurden, je mehr sich ihr Lebensumfeld und ihre Lebens- und Arbeitsqualität verbesserten
Während der Sommerseminare wurde die heilende Wirkung des Lebens in der Gemeinschaft deutlich. Ähnlich wie Naturvölker viele psychische Erkrankungen gar nicht kennen, weil sie sich eingebunden in ihre Lebensgemeinschaft fühlen, stellten die Teilnehmer oft fest, dass viele Ängste und Probleme sich von alleine lösten durch dieses Miteinander Sein. Die Rückkehr in die Vereinzelung wurde immer unerträglicher und lebensfeindlicher erlebt. Und der Wunsch nach einer gemeinschaftlichen Lebensform nahm mehr und mehr Gestalt an.
„ In der Tiefenökologie fragen wir, ob die gegenwärtige Gesellschaft menschliche Grundbedürfnisse wie Liebe, Sicherheit und Zugang zur Natur befriedigt. Wenn Menschen geholfen wird, sich auf positive Art und Weise mit der Natur zu identifizieren, wenn sie tief in ihrer Seele erfahren, dass sie ein Teil der Natur sind, dann bedeutet handeln zum Schutz der Natur kein Opfer mehr, es ist selbstverständlich, wie die Verteidigung des eigenen Lebens.“ Theo Gottwald, Tiefenökologe
Sepps Hof in Deining
Durch die langjährige und konsequente Arbeit an der eigenen Psyche wuchs zudem ein enormes Potential an therapeutischen Fähigkeiten und ökologischem Bewusstsein. Das Bedürfnis, erworbenes Wissen an andere weiter zu geben, mündete in die Ausbildung zum Samaintherapeuten. Eine Reihe hochqualifizierter Menschen sind aus diesen Ausbildungsgruppen inzwischen hervorgegangen, deren Angebote sich hier in unserem Programmteil wiederfinden.
Die wichtigste Grundlage des Zusammenlebens am Samainhof ist das gemeinsame Wachsen, das sich Anschauen und Spiegeln lassen, die intensive Selbsterfahrung mit verschiedenen Formen der Psychotherapie. Neben der regelmäßig stattfindenden Hof-Supervision, in der Konflikte der Samainlebensgemeinschaft geregelt werden und an der Weiterentwicklung des Gesamtprojektes gearbeitet wird, sind die Psychotherapie-Seminare von Sepp das Herzstück der Samainarbeit. Die Bereitschaft, sich immer wieder rückhaltlos zu zeigen, immer wieder um den Kontakt zu sich und zu den anderen zu ringen, ist die Grundbedingung für jeden, der am Gemeinschaftsleben teilhaben oder sein Pferd hier einstellen möchte. Die meisten Lebensgemeinschaften zerbrechen über kurz oder lang, weil die Bereitschaft zur regelmäßigen Supervision fehlt, und unausgetragene Konflikte und Machtkämpfe die Arbeit derer zunichtemachen, die liebevoll einem größeren Ganzen gedient hatten. Dass die meisten Mitbewohner sich seit mehr als 30 Jahren kennen, miteinander arbeiten und im Frieden miteinander leben, ist der beste Beweis, dass dieses Konzept erfolgreich ist.
Seit 2001 nun gibt es den Samainhof, mit dem sich die jahrelange Vision von Sepp Schleicher und der Menschen aus dem Samainkreis verwirklicht hat. Nachdem der Bau der Häuser abgeschlossen war, begann sofort ein reiches therapeutisches Kursangebot zu entstehen. Auch der Traum von einer inklusiven, generationenübergreifenden, naturverbundenen Lebensgemeinschaft und –schule ist Wirklichkeit geworden. Die Tiere sind ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Zum Hof gehören 80 Islandpferde, 3 Esel, Ziegen, Pfauen, Katzen, 3 Hasen, ein Hund, viele Hühner und eine kleine Herde schottischer Hochlandrinder. Der bewusste und achtsame Umgang mit der Natur und mit ihren Ressourcen spielen am Samainhof eine große Rolle: Das Gemeinschaftshaus wurde in Stroh–Lehm-Bauweise errichtet. Der Hof wird über Hackschnitzelheizungen versorgt. Mehrere Zisternen speichern Brauchwasser. Und die Warmwasserbereitung erfolgt über eine Solaranlage. Für 12 weitere Bewohner wurde ein „Sonnenhaus“ errichtet, ein Niedrigenergiehaus, dessen Jahres-Primärenergiebedarf von 5 bis 15 kWh pro m² Gebäudenutzfläche den eines Passivhauses mit Klimakompaktgerät oder elektrischer Wärmepumpenheizung etwa um das Vierfache unterschreitet. Mit seinen über 600 qm Wohn- und Nutzfläche war es das größte Sonnenhausprojekt in Deutschland und das erste im Landkreis Neumarkt. Markus Heinrich, seit 30 Jahren Experte auf dem Gebiet erneuerbarer Energien, hat dieses Projekt mit seiner Heizungsbaufirma realisiert und berät Sie gerne. Hier befindet sich unser schönes, licht durchflutetes Café. Ein großer Teich mit Schilfgürtel klärt das Wasser aus den Versickerungsgräben und wurde als Biotop und Lebensraum für Pflanzen und Tiere angelegt. Ein 5 Meter breiter Hecken– und Baumgürtel umspannt den Hof und bietet Lebensraum für viele Vögel und Insekten und integriert alte heimische Hecken und Obstbäume wieder ins Landschaftsbild.